Sensibilisierung

Grundlagen – für einen besseren Umgang

Gebärdensprache

In Deutschland leben etwa 80.000 gehörlose Menschen, die sich vorrangig in der Gebärdensprache unterhalten. Nach Angaben des Deutschen Schwerhörigenbundes gibt es ca. 16 Millionen Schwerhörige, davon haben ca. 140.000 einen Grad der Behinderung von mehr als 70 % und sind auf Gebärdensprach-Dolmetscher angewiesen (Quelle: Gehörlosigkeit – FAQ – DGB e.V. (gehoerlosen-bund.de)).

Bei der Gebärdensprache handelt es sich um eine seit 2002 gesetzlich anerkannte, vollwertige Sprache mit einer prächtigen Fülle an Ausdrucksweisen, die anspruchsvoll zu erlernen sind. Sie besitzt eine eigenständige Grammatik, die der Anwender durch Blicke, Mimik, Körperhaltung und Handbewegungen ausdrückt und berücksichtigt sogar regionale Dialekte. Trotzdem kämpft sie – vor allem hierzulande – noch immer um Akzeptanz. Das bedeutet: Im Berufsleben, bei Behörden, beim Einkaufen und anderen Gelegenheiten fehlt die Rücksicht auf die Bedürfnisse Gehörloser. Durch eine Schulung der Mitarbeiter, technische Hilfsmittel oder Gebärdensprachendolmetscher könnte hier eine Besserung erfolgen.

Schwerhörigkeit – die Treppe des Hörens kennenlernen

Aufgrund der unterschiedlichen Abstufungen von Hörschädigungen kann nicht von einer homogenen Gruppe – den Schwerhörigen – gesprochen werden. Die Bandbreite reicht von „leicht schwerhörig“ (20db – 35db) über „mittelgradig schwerhörig“ (35db – 65db) bis zu „hochgradig schwerhörig“ (65db – 85db). Je beträchtlicher die Einschränkung, desto eher tragen die Betroffenen Hörgeräte oder auch Cochlea Implantate (CI) und können somit die Lautsprache weitgehend fehlerfrei anwenden und Geräusche wahrnehmen.

Gehörlosigkeit – mit Blicken und Gesten die Welt erschließen

Personen, die an Taubheit grenzend schwerhörig (85db – 110db) oder taub (mehr als 100db) sind, können trotz technischer Hilfe die gesprochene Sprache akustisch nicht verstehen. Mit der Gehörlosigkeit geborene Menschen wachsen oft mit der Gebärdensprache auf oder erhalten frühzeitig ein CI und eine ergänzende Therapie. Bei erfolgreicher Operation, Gehörtraining und Kooperation mit dem Facharzt kann eine Besserung der Hörfähigkeit eintreten. Funktioniert die Prothese jedoch nicht einwandfrei, kann es auch bei der reinen Geräuschwahrnehmung bleiben. Taube Menschen können ihre Stimme – weil sie ihnen verborgen bleibt – nicht steuern. Sie hört sich daher für Hörende oft ungewohnt an. Viele gehörlose Menschen sehen sich weniger als Menschen mit Behinderung, sondern vielmehr als Teil einer kulturell-sprachlichen Minderheit – sie bevorzugen daher in der Regel den Ausdruck „taub“, statt „gehörlos“, ein No-Go und fachlich falsch ist „taubstumm“.

CI-Träger – was Technik kann, was nicht

Durch eine erfolgreiche Gehörtherapie kann eine Hörschädigung von nur noch 20db bis 65db erreicht werden – bei Tragen einer Hörprothese. Nimmt der Träger das CI wieder ab, ist er gehörlos, etwa abends beim Einschlafen. Bei der Operation wird das natürliche Gehör zerstört, indem Elektroden und ein Magnet eingepflanzt werden. Werden beide Ohren zeitlich abgestuft behandelt, können negative Folgen wie die Fokussierung auf ein Ohr, das viele Geräusche und Sprache besser aufnehmen kann, eintreten. Hört man vorwiegend über eine Seite, erkennt man schlechter, von welcher Seite oder ob überhaupt ein Geräusch auftritt, etwa die Stimme eines Menschen. Außerdem können Hintergrundgeräusche schlechter oder gar nicht ausgeblendet werden. Daraus können Kommunikationstücken resultieren, die – ähnlich wie bei Hörgeräteträgern – in Job oder Alltag oft zunächst nicht auffallen, aber große Probleme implizieren.

Taubblinde Personen – einmal mehr achtsam sein und helfen

Bei der Taubblindheit treten Gehörlosigkeit und Blindheit kombiniert auf. Oft bezieht sich der Begriff auch lediglich auf Schädigungen beider Sinne. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, sich räumlich zu orientieren und ihren Alltag mobil zu gestalten. Außerdem sind sie auf eine Vielzahl unterschiedlicher Kommunikationssysteme angewiesen. Die Bedürfnisse sind also breitgefächerter als bei singulären Einschränkungen, da sich die Sinne nicht gegenseitig „ausgleichen“ können. Dementsprechend bedarfsgerechte und dauerhafte Assistenz ist nötig für ein selbstbestimmtes Leben.

Folgende Unterscheidungen gelten grundsätzlich:

  • blind geboren, ertaubt vor Spracherwerb
  • blind geboren, ertaubt nach Spracherwerb
  • taubblind geboren
  • taub geboren, erblindet im Kindesalter
  • taub geboren, erblindet in hohem Alter
  • weder taub noch blind geboren, später ertaubt und erblindet

Usher-Syndrom – die vielen Gesichter

Das Usher-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbte Hörsehbehinderung und die häufigste der 70 Ursachen von erblicher Blind-Taubheit. Autosomal-rezessiv bedeutet, dass die Krankheit geschlechtsunabhängig vererbt wird und nur dann ausbricht, wenn das Erbgut eines Menschen zwei gleiche Kopien eines bestimmten Gens aufweist.

Das Syndrom tritt in drei Formen auf, die sich hinsichtlich des Krankheitsbeginns und der Krankheitsausprägung unterscheiden:

Usher-Typ 1:
Die Gehörlosigkeit beginnt mit der Geburt. Im Laufe der Kindheit entwickelt sich die Sehbehinderung. Gleichgewichtsstörungen sind eine übliche Begleiterscheinung.

Usher-Typ 2:
Es kommt zu einer meist hochgradigen Schwerhörigkeit, die sich im Krankheitsverlauf nicht weiter verstärkt. Während der Pubertät oder im frühen Erwachsenenalter degeneriert die Netzhaut.

Usher-Typ 3:
Der Hörverlust nimmt kontinuierlich zu, während die Sehbehinderung erst spät beginnt.